Gerlinde Miesenböck

Vernissage: 03.04.2019, 19.00 Uhr
04.04. bis 12.04.2019
Galerie WHA , Domgasse 1, 4010 Linz

Gerlinde Miesenböck

Vernissage: 03.04.2019, 19.00 Uhr
04.04. bis 12.04.2019
Galerie WHA , Domgasse 1, 4010 Linz

Gerlinde Miesenböck

Galerie WHA, Domgasse 1, 4010 Linz

Vernissage: 03.04.2019, 19.00 Uhr
Begrüßung: Elisa Andessner, Vorstand forum - Kunstuniversität Linz
Eröffnung: Jasmin Haselsteiner-Scharner, Kuratorin Landesgalerie Linz 

Ausstellungdauer: 04.04. – 12.04.2019

Öffnungszeiten:
Do. 04.04.2019 bis Sa. 06.04.2019, 15.00 bis 18.00 Uhr
Mi. 10.04.2019 bis Fr. 12.04.2019, 15.00 bis 18.00 Uhr

Gerlinde Miesenböck setzt sich aktuell mit der zeitgenössischen Bilderfrage in der digitalen Fotografie des 21. Jahrhunderts auseinander, speziell mit den verbundenen Implikationen für die Darstellung des Menschen. Im Zentrum steht die Beschäftigung mit Abhängigkeiten zwischen der (Re-)Präsentation von Personen und deren Verbergen. Folglich thematisiert sie auch einen Unschärfebereich zwischen Figürlichem und Abstraktem, also die Grenzen zwischen Darstellen, Andeuten und Nicht-mehr-Darstellen.

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Ausstellungsansichten (Fotos: Ulrich Fohler)

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Aus der Einführung zur Ausstellung

Gerlinde Miesenböcks Arbeiten sind in der Fotoszene spätestens seit 2007 ein Begriff. In diesem Jahr gewann sie den ersten Preis beim Wettbewerb „Austria today“, ausgerufen von der europäischen Zentralbank, bei dem die Initiatoren einen Blick auf die junge österreichische Fotoszene werfen wollten. In Miesenböcks beeindruckender Serie „Land sterben“ beschäftigte sie sich mit ihrer bäuerlich geprägten Heimat. Sie fungierte darin selbst als Protagonistin, die den Betrachter/die Betrachterin behutsam und feinfühlig in die Schattenseiten der bäuerlichen Arbeit einführt. Dabei visualisiert sie den stetigen Verfall und die permanente Veränderung der schwindenden bäuerlichen Kultur.
Auch Veränderungen durch das digitale Zeitalter reflektiert Gerlinde Miesenböck in ihren Fotos. Schon seit einigen Jahren beschäftigt sie sich mit den Grenzen der Darstellbarkeit im Bereich des Porträts. Ihre Arbeiten changieren zwischen Darstellen, Andeuten und Auslöschen. Ihre „Anti-Porträts“ sind durch Unschärfe, Überlagerungen und Fehlstellen geprägt. Personen werden abgeschnitten, verkehrt dargestellt oder sogar verhüllt. Wieder eine Thematik, die vor allem aufgrund des Verhüllungsverbots lange das tagespolitische Geschehen bestimmt hat. Im Verhüllen versucht sie ihr Unbehagen gegenüber der totalen Überwachung und Kontrolle auszudrücken.
In der Serie „Personne“ hinterfragt sie die fotografisch-skulpturalen Inszenierungen von Frauen. Der französische Titel bedeutet sowohl „jemand“ im Sinne von „eine bestimmte Person“ aber auch „niemand“ und verweist somit wörtlich auf die Absenz. Die Künstlerin setzt hier ein weißes Leintuch als historisch konnotiertes Element zur Verhüllung einer Frauenfigur ein. Einerseits erinnert es an das Turiner Grabtuch oder das Schweißtuch der Veronika, andererseits trugen bereits in der griechischen Antike weibliche Koren derartige Gewänder. Diese wurden als schwer und geradlinig fallender Peplos oder weich gefältelter Chiton gebunden. Abhängig von Pose und Haltung der Person auf den Fotografien, fällt der Stoff anders und gibt der Figur skulpturale Charakterzüge. Haltung, Stand- und Spielbein, die Orientierung des Körpers zum Betrachter werden variiert und bilden einen eigenen Kanon. Obwohl wir die Frau nicht eindeutig wahrnehmen können, wird ihre Figur durch das sanft beleuchtete Textil sichtbar.
Den Abgebildeten fehlen auf den Bildern - wie auch heute den antiken Skulpturen - Kopf und Gliedmaßen. Sie wurden durch automatisierte Programmalgorithmen am Computer retouchiert. Hier reflektiert Miesenböck auch Fragestellung nach Artificial Intelligence – dem selbstständig denkenden Computer, der ohne menschliches Zutun funktioniert. Vor dem weißen, leicht strukturierten Hintergrund sind manche retouchierte Stellen nicht erkennbar – also klug von Seiten des Programms gelöst – andere wiederum irritieren. Sie erzeugen Unschärfen, Überlagerungen, ja Wahrnehmungsstörungen, die oft erst auf den zweiten Blick sichtbar werden.
Ähnliche Überlegungen werden in den Arbeiten von „Personne I“ thematisiert. Die schwarz gekleidete, wieder kopf- und gliedmaßenlose Frauenfigur, fügt sich Ton in Ton in den dunklen Hintergrund ein. Die Hängung in den etwas dunkleren, nach hinten versetzten Gebäudeteilen der Galerie unterstreicht diese Dunkelheit. Wobei hier durch das eng anliegende Gewand verstärktes Augenmerk auf die Figur selbst und damit auch die Pose der fotografierten Frau gelegt wird. Als Inspiration dienten Aktdarstellungen aus Pariser Museen, wie jene Auguste Rodins, deren Haltung und Exposition die Fotografin mit ihrem eigenen Körper nachempfindet.
Die Serie „Noire et Blanche“ subsummiert quasi beide Ansätze: in den kontrastreichen Bildern wirken die noch übrig gebliebenen Leintuchdraperien als wären sie losgelöst von allem Menschlichen. Das Skulptur-, ja Dinghafte, tritt verstärkt in den Vordergrund und der Form wird verstärkt Bedeutung zugemessen.

Jasmin Haselsteiner-Scharner, Kuratorin