splace am Hauptplatz, Hauptplatz 6, 4020 Linz
Eröffnung: 29.09.2022, 18.30 Uhr
Ausstellungsdauer: 30.09.2022 bis 07.10.2022
Begrüßung: Karin Harrasser, Vizerektorin für Forschung, Kunstuniversität Linz
Einführung: Barbara Horvath, Kuratorin und Kunsthistorikerin
In seiner künstlerischen Praxis betreibt Martin Bischof eine Art Grundlagenforschung in Bezug auf das Verhältnis zwischen Raum und Bild, bei welcher er der immer wiederkehrenden Frage nachgeht: „Ist der Raum das Bild oder das Bild der Raum?“
Dabei wird beim Arbeiten gedacht, konstruiert, entschieden gepfuscht und wieder entschieden. Gebaute Objekte und Rahmen kehren die Konstruktion nach außen, Material benutzt sich selbst und Leinwände schminken sich mit Farbe.
Öffnungszeiten:
30.09.2022, 15.00 bis 18.00 Uhr
03.10.2022, 11.00 bis 18.00 Uhr
04. bis 07.10.2022, jeweils 15.00 bis 18.00 Uhr
Martin Bischof hat immer mehr Projekte im Kopf, als er umsetzen kann. Manchmal wünscht er sich, es würden mehrere Martins existieren. Sie könnten parallel arbeiten, der eine malt Bilder, der andere macht Skulpturen, der dritte findet neue Ideen.
Es gibt bei Martin Bischof sicherlich seine Routinen, aber Routinen können auch gefährlich sein. Wenn jemand sagt, er ist ein professioneller Künstler, dann frage ich mich: ist Professionalität und Künstlertum nicht ein Widerspruch in sich? Ein Profi ist jemand, der eine bestimmte Sache besonders gut kann und mit viel Routine drangeht. Aber als Künstler sollte man nicht bei dem Einen bleiben, sondern immer ein bisschen etwas Neues suchen, zumindest sukzessive. Insofern ist Martin Bischof ein Pfuscher, ein professioneller Pfuscher.
Der 1979 in Bludenz in Vorarlberg geborene Künstler experimentiert mit vielerlei Materialien, kombiniert, überlagert und konstruiert Ölfarben wie Lacke auf Leinwänden und dreidimensionalen Oberflächen. Er baut aus Holzstücken und Gips geometrisch geformte Objekte und Skulpturen. Zuweilen stickt er bunte Wolle in transparente Textilien. Zufall und Ordnung lassen im Zusammenspiel die Dinge aus ihrem ursprünglichen Kontext entfliehen und in einen neuen stellen.
Beispielsweise wenn großformatige grell-bunte „Farb-Körper“ die gewohnte Raum-Struktur zerteilen und ungewohnte Perspektiven motivieren. Oder eine gezeichnete Linie auf der Leinwand zum Streifen wird und schließlich zur Fläche. Diese wiederum kippt, klappt sich ins Dreidimensionale auf oder faltet sich perspektivisch in die Tiefe, generiert den Bildraum und gliedert den Bildraum.
Man könnte sagen: Martin Bischof „baut“ Bilder (auf Leinwänden). Scharf gesetzte Linien und Begrenzungen treffen auf gestisch-ausfransende Farbflächen. Komplementärfarben setzt er nebeneinander, aufdringliches Orange neben fahle Brauntöne, Pink und Gelb in unmittelbarer Nachbarschaft. Ursprünglich interessierten ihn Farben, die als hässlich gelten, Kombinationen, die eigentlich nicht funktionieren. Mit der Zeit merkte er jedoch: das gibt es eigentlich gar nicht.
Aus der Distanz vermag man flüchtige Phantome gegenständlicher Formationen auf den Leinwänden zu erkennen. Aus der Nähe bilden Flecken, Rinnsale, Schraffuren, Striche und geschwungene Linien ein abstraktes Gebilde. Mitunter erinnern seine Malereien an etwas Bestimmtes, etwas Reales, etwa ein Haus, ohne dies zur Gänze auszuformulieren. Durch die technischen Serien-Titel „Bild_I022“, „Bild_II022“ verflüchtigt sich der Gedanke an konkrete Bildthemen. Vielmehr interessiert Martin Bischof die Welt Dazwischen, zwischen abstrahierter und realistischer Darstellung. Seine brüchige, fragmentarische Motivik eröffnet ein weites Feld an Bezügen zur Wirklichkeit. Das Nachdenken über eine Präsenz durch eine gewisse Abwesenheit, das (paradoxerweise) Andeuten von etwas durch Abwesenheit, spielt eine wesentliche Rolle in seinen Werken.
Während auf der Leinwand keine physikalischen Gesetze von Statik und Schwerkraft die Konstruktionsmöglichkeiten beschränken, bedingen diese die Skulpturen. Sie gelten Martin Bischof als „Brückenelemente“, die den Ausstellungsraum mit den gemalten Bildern in Dialog treten lassen.
Aus Materialien wie Holz, Papier und Lackfarbe produziert der Künstler Skulpturen, die fragil und modellhaft wirken. Architekturen werden angedeutet, verlieren sich jedoch im Leeren. Die Dinge könnten jeden Moment in sich zusammenfallen, weg- oder auseinanderbrechen. Glänzende weiße Oberflächen ummanteln hohle geometrische Körper, die an Bauklötzchen erinnern und sich ein wenig unbeholfen auf dünnen Holzbeinen aufrecht halten. Vor der Tür wartet bereits (etwas stabiler) deren größerer Verwandter.
Ich denke an Odradek, eine rätselhafte, einem Zwirnstern gleichenden Figur in Franz Kafkas Kurzgeschichte Die Sorge des Hausvaters aus dem Jahr 1917: „Man wäre versucht zu glauben, dieses Gebilde hätte früher irgendeine zweckmäßige Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen. (…) das Ganze erscheint zwar sinnlos, aber in seiner Art abgeschlossen.“
Die Ausstellung „regarding space“ zeigt Farb- und Formkörper, im Wechsel zwischen Objekt und Leinwand, zwischen Bild und Raum. Und sie zeigt die experimentelle Herangehensweise von Martin Bischof, der den Prozess, den das Material im Tun einnimmt, ausstellt.
Gebaute Objekte kehren ihre Konstruktion nach außen, Materialien benutzen sich selbst; gemalte Leinwände schminken sich mit Farbe. Seine Werke (er)öffnen Raum mit der Absicht ihn zu erkunden, verstehen und übersetzen zu können. Seine Werke (re)konstruieren Raum als Mittel um Wirklichkeitsbilder zu besprechen.
Martin Bischofs Werke sind wie ein geronnener Moment im Fluss der Zeit, ein kleines Innehalten innerhalb sich ergänzender Farben und Formen, die sich in wunderbaren Formationen immer wieder neu arrangieren.